17.08.2016

Halt finden

nicht nur ein Wortbestand beim Klettern, auch in der sozialen Arbeit hat dieses Vokabular eine erstrebenswerte Bedeutung

Bereits vor dem Sommerurlaub 2016 gab es im Heimbereich  Mertenberg den Aushang „Klettern im Steinwald“.  Es wurde auf eine Reise eingeladen, gemeinsam die Steine im Wald zu suchen, zu bestaunen, zu fühlen, zu beklettern um am Gipfel die Aussicht zu genießen.

Um Detailinformationen an die Bewohner weiterzuleiten und einen ersten Kontakt mit der notwendigen Ausrüstung zu ermöglichen, wurde eine Informationsveranstaltung abgehalten. Im zweiten Schritt wurde versucht, mit der Kletterausrüstung vertraut zu werden, indem sich der Balkonvorsprung beim Haus Mertenberg als Übungsfeld dienlich zeigte.

Am 17.08.2016 war es dann soweit, und wir starteten zum Tagesausflug in den Steinwald. Im Vorfeld musste jeder Teilnehmer anhand einer gemeinsam erstellten Checkliste seinen Rucksack packen, um diesen dann auch mit eigener Kraft vom Parkplatz durch unwegsames Gelände zum Felsen zu tragen. Wir sind während der Urlaubszeit verhältnismäßig früh gestartet und landeten in einer Region, in der ein Handyempfang alles andere als gut war. Dennoch war die Motivation der Gruppe ganz oben.

Auch wenn bei Kletterern auf den ersten Blick die Sportlichkeit gesehen wird, steckt wesentlich mehr dahinter. Beim Klettern stehen offene Bewegungsmuster unter Einwirkung der Erdanziehung im Vordergrund, um Halt am Fels zu finden. Dies geschieht unter Berücksichtigung der eigenen physischen und psychischen Kräfte, sowie der koordinativen und konditionellen Möglichkeiten. Bei den psychisch / emotionalen Faktoren stehen Grenzerfahrungen, Flow-Erlebnis, Angstüberwindung und selbständiges Handeln im Augenschein. Hinzukommend spielen die sozialen Faktoren beim Klettern eine entscheidende Rolle. Klettern ist mehr als die einzelne Person am Fels. Klettern bedeutet Verantwortung zu übernehmen, sich auf eine Gruppe einzulassen, sich gegenseitig motivieren, in den entstehenden Ruhepausen ins Gespräch zu kommen um „Grenz-„Erfahrungen auszutauschen. Erfahrungen die gemeinsam durchstanden wurden, in der Seilschaft, die im wahrsten Sinne des Wortes eine feste Bindung darstellt. Gerade beim Klettern steht der Aspekt der Sicherheit an vorderster Stelle und darf nicht aus den Augen verloren werden. Dieser Aspekt ist geschultert auf einer Verantwortung, die gegeben und angenommen werden muss. Bei der Übergabe der Verantwortung vertraut man den Fähigkeiten der sichernden Person. Dieses Vertrauen ist nicht nur eine unerlässliche Voraussetzung beim Klettern, auch in der sozialen Arbeit ist dieses Vertrauen ein wesentlicher Grundstein für die Beziehung zwischen Bewohner und Mitarbeiter.

Was war es nun, diese Kletteraktion, bei der die Bewohner aus dem Heimbereich Mertenberg während ihrer Urlaubszeit am Felsen Halt suchten, ihre Kräfte dort ließen, Fingernägel abbrachen und der schroffe Granitfels auf der Haut seine Spuren hinterließ? War es eine Ferienfreizeit, Sport, Erlebnispädagogik?

Für die Bewohner war es von allem etwas, verbunden mit viel Spaß. Rückmeldungen ließen deutlich erkennen, dass sich die Motivation für eine Fortsetzung steigerte!

Ich bin der Überzeugung, dass diese pädagogisch unterstützte Kletteraktion ein  „Handwerkszeug“ ist, das in der sozialen Arbeit vielen Klienten „Halt gibt“.
 


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