17.05.2019

Unser Musikcafé B14 - Viel mehr als eine Kneipe

Erwin Rausch kommt ins Schwärmen. "Mir macht's halt sehr viel Spaß, im B14 zu arbeiten. Es ist eine tolle Sache, wenn Menschen mit und ohne Behinderung zusammen kommen."

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Erwin Rausch arbeitet seit 25 Jahren in dem Musik-Café. Er ist einer von 14 Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen, die hier mehr als eine Aufgabe haben: Wer als Gast in die nette Kneipe an der Bundesstraße 14 kommt, hat sofort das Gefühl, dass hier alle Mitarbeiter mit ganzem Herzen dabei sind. Das B14 ist „ihre“ Kneipe. Es ist eine ganz besondere. Vor 25 Jahren hatten die Verantwortlichen der Dr. Loew soziale Dienstleistungen die Idee, diesen besonderen Arbeitsplatz für besondere Menschen zu bieten. „Inklusion war damals in der Öffentlichkeit noch kein Thema. Bestenfalls Integration“, sagt Florian Dotzler. Er ist Werkstattleiter bei Dr. Loew, und damit auch fürs B 14 verantwortlich. Der geborene Wernberger war schon in Jugendtagen in der Kneipe. Einige der Mitarbeiter ken-nen ihn noch als Gast. „Für die bleibe ich der Flo, das ist doch klar.“„Das B14 war was ganz Neues“, erinnert sich Dotzler zu-rück. Wie immer bei neuen Ideen gab es auch Zweifler, ob das klappen kann. Das hat sich längst gelegt.

Das B14 ist mit seinem Angebot an Konzerten, Veranstaltungen und besonderen Menüs wie der in der Region berühmten „Spaghetti-Oper“ längst ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens in der Marktgemeinde mit ihren gut 5700 Einwohnern. Startschuss war am 14. März 1994, damals noch als kleine Teestube. Ein Motorrad stand im Fenster, drinnen ein paar Tische und Stühle. Wo heute ein großer Gastraum ist, war noch eine Wohngruppe. „Das B14 war relativ schnell ein Erfolg“, erzählt Dotzler. Auch Dank der Unterstützung des Hauseigentümers Gerhard Bäumler, der nach wie vor über dem B14 wohnt. Es wurde umgebaut, der Gastraum erweitert. 70 Plätze für Gäste bietet das B14 mittlerweile. Was noch fehlt, ist ein komplett barrierefreier Zugang. Bislang behilft sich das B 14 mit einer Rampe. „Da sind wir dran“, sagt Dotzler. Das Grundkonzept, Menschen mit geistigen oder körperlichen Einschränkungen im B14 eine Aufgabe zu geben, blieb über die Jahre gleich, das Angebot des B14 dagegen wuchs. „Die Leute warten auf unser Programm“, bestätigen Dotzler und Anna Wendler, die für die pädagogische und soziale Betreuung der Mitarbeiter im B14 zuständig ist.

Im Hof entstand ein hübscher Biergarten, im Haus Besprechungsräume. Hier sorgt das B14 tagsüber auch für das Catering. Ebenso im ehemaligen „Schlecker“-Markt ein paar Häuser weiter. Der große Raum für etwa 40 oder 50 bis 70 Leute wird für Fortbildungen und Seminare genutzt. „Sowohl von Dr. Loew als auch von externen Gästen“, sagt Dotzler. Auch hier sorgt das B 14 für Speis und Trank. Bei der Europawahl soll der Saal Wahllokal werden. Die Anfrage von Bürgermeister Konrad Kiener habe ihn sehr gefreut, sagte Dotzler. „Das zeigt, dass wir fester Bestandteil im Leben der Gemeinde sind. “Die Menschen mit Einschränkungen werden von 14 Mitarbeitern unterstützt und betreut, darunter drei Köche. Gearbeitet wird in Schichten. Möglichst viele Beschäftigte – so heißen bei Dr. Loew die betreuten Menschen – sollen die Arbeit im B14 kennenlernen können.

Dazu dient ein Praktikum. „Die Beschäftigten müssen auch selbst erkennen, ob die Aufgabe was für sie ist“, sagt Wellner. Für manche sei der Kontakt mit vielen Gästen bei etwas lauterer Musik am Abend nicht das Richtige, dafür fühlen sie sich tagsüber beim Catering wohl oder umgekehrt. Selbstverantwortung, Rechte und Pflichten: Das ist wie im "normalen" Leben. „Das Tolle ist die Zusammenarbeit im Team“, erzählt Oliver Richter, der seit 23 Jahren im B 14 beschäftigt ist. „Wir helfen uns gegenseitig. Es wäre ja blöd, wenn einer grade nichts zu tun hat und dann dem anderen beim Arbeiten zuschaut.“ Ob kochen, putzen oder bedienen: Zu tun gibt's immer was. „Du musst alles können“, sagen Rausch und Richter unisono. Und Rausch fügt an: „Ich bin froh, dass ich da bin.“ Das B14 ist längst kein Geheimtipp mehr in der Region, aber etwas Besonderes: Ein besonderer Ort eben für besondere Menschen, wie Loew-Geschäftsführerin Sandra Loew bei der 25-Jahr-Feier sagte. Florian Dotzler erzählt gern eine Anekdote. Ein Ehepaar aus Frankreich landete auf der Durchreise zufällig im B 14. Beim Abschied hinterließen die Gäste ein tolles Lob: „Das ist der freundlichste Ort in ganz Deutschland.“

Quelle: Onetz, 17.05.2019

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